
Wenn von „bösen Kindern“ die Rede ist, horchen Eltern meist auf. In Wiedensahl aber denkt niemand an die Nachbarschaft, sondern sofort an Max und Moritz. Vor 160 Jahren brachte Wilhelm Busch die beiden Lausbuben aufs Papier – und kaum ein Paar hat die deutsche Kulturgeschichte so geprägt wie diese beiden.
Das Geburtshaus des Dichters widmet ihnen nun eine Ausstellung. Aber nicht, wie man vielleicht erwarten würde, mit noch mehr Streichen und Hühnerdiebstählen, sondern mit einem Blick hinter die Kulissen: Woher kamen Max und Moritz eigentlich? Welche Bilder hatte Busch im Kopf, bevor er die beiden erdachte?
Dr. Julian Auringer, Literaturwissenschaftler und Spezialist für alte Bilderbögen, fand eine verblüffende Spur. Schon 1864 zeichnete Busch in „Diogenes und die bösen Buben von Korinth“ zwei Vorgänger der Lausbuben. Und als 2008 das verschollene Manuskript „Der Kuchenteig“ auftauchte – darin ein Kind, das in einem Bottich Teig versinkt –, konnte man kaum übersehen: Max und Moritz waren schon im Anmarsch.
Doch keine Kindergeschichten?
Ich selbst kenne die Geschichte aus einer bunten Fassung aus Kindertagen. Damals wusste ich nicht, dass das Original in Schwarz-Weiß erschien. Und noch weniger ahnte ich, dass Busch beim Schreiben gar nicht in erster Linie an Kinder gedacht hatte. Wie Auringer betont, waren die Verse ursprünglich für Erwachsene bestimmt – mit einem Augenzwinkern, das wohl eher die Eltern als die Kinder verstanden.
Die Schau in Wiedensahl zeigt noch eine andere Seite: die Vereinnahmungen. Da gibt es den patriotischen „Max und Moritz im Felde“, eine „DKP-Variante“ mit Marx und Engels, später eine antikommunistische Version und schließlich Popkultur pur – von Porzellanfiguren über Schallplatten bis hin zu einem Trashfilmplakat. Busch selbst hätte wohl gestaunt, wie weit seine beiden Buben herumgekommen sind – sogar bis in die Hall of Fame der US-Comicpreise.
Die Ausstellung trägt deshalb zu Recht den Titel „Von bösen Kindern“. Denn Max und Moritz sind weit mehr als nur Kinderstreich und Hühnerdiebstahl – sie sind ein Stück Weltgeschichte in sieben Streichen.
Max und Moritz verschwinden nicht im Ofen, sondern kehren immer wieder – in Büchern, Vitrinen und Köpfen.


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