
Michael Lentz wirft einen literarischen Blick auf den Künstler, der Deutschland seit Jahrzehnten den Sound seiner Gefühle schenkt: Grönemeyer. Und ja: ich bin ein Herbert-Fan, ich mag den Kerl! Und ich liebe die Live-Konzerte.
WeiterlesenKultur, Klang, Kamera
Michael Lentz wirft einen literarischen Blick auf den Künstler, der Deutschland seit Jahrzehnten den Sound seiner Gefühle schenkt: Grönemeyer. Und ja: ich bin ein Herbert-Fan, ich mag den Kerl! Und ich liebe die Live-Konzerte.
WeiterlesenEin Gedicht über das Loslassen – über all das, was uns formt, fordert und irgendwann sanft zurück zur Erde bringt.
Das Blatt, das fällt
Das Blatt, das zum Boden fällt,
erzählt im Fallen eine ganze Geschichte –
wie es Kind war,
wie die Jugend kam,
was alle wollten,
wohin sie dich haben wollten.
Und sie hörten dich nicht.
Und sie wollten dein Bestes,
doch sie kannten es nicht.
Und du hast geschrien,
doch sie hörten dich nicht.
Dann musstest du funktionieren,
reagieren,
reparieren,
vergessen –
vor allem dich.
Und dann hat es sich dem Laub genähert,
und all den anderen.
Und es ist weich gefallen.
Und es war nicht allein.
Auch nicht in den letzten Momenten.
Und es war gut.
Manchmal kommen Worte, wenn die Welt still wird. In der Nacht, wenn der Kopf voller Gedanken ist, fallen Zeilen in die Stille – ungebremst, ehrlich, ungeschönt. Dieses Gedicht ist so entstanden:
Auf der Straße
Gesetzes Arm verdammt zur Pranke,
Angst kommt vor dem tiefen Fall.
Und Wut bleibt deine höchste Schranke,
und Zweifel, Missgunst überall.
Doch was jetzt fehlt, ist eigentlich gut,
vielleicht jetzt doch nach vorne gehen,
vielleicht jetzt doch mit allem Mut,
vielleicht vor Nachsicht wirklich sehen.
Du müsstest auf die Straße gehen,
mag sein, es klingt wie abgewetzt,
doch Wahrheit bleibt – du wirst sie sehen,
die Kraft, die Herz und Fels versetzt.
Kein Zweifel mehr, kein Weg zurück,
die Hoffnung flammt, sie bleibt, sie zwingt.
Wer aufsteht, findet neues Glück,
weil Wahrheit durch die Zeiten klingt.
Für mich ist dieses Gedicht ein kleiner Aufruf: innehalten, die eigene Kraft spüren und trotz aller Zweifel Schritte nach vorn wagen.
Und du willst
Männer schlagen sich die Köpfe ein,
lassen Fäuste aus dem Himmel sprechen.
Und zieh’n die ganze Welt mit rein,
wollen richten, wollen rächen.
Das letzte Aufgebot sind kleine Leute,
ihre Augen glühen heiß.
Für beide Lager fette Beute –
und zahlen doch den höchsten Preis.
Doch du, du willst nur träumen
von Tauben und dem Flug zur Freiheit,
willst Wege finden, nichts versäumen,
suchst das Gute, bist bereit.
Doch sie wollen das nicht.
Nein, sie wollen das nicht.
Und du willst.
Doch.
Karl Wolfskehl gehört zu den großen, fast vergessenen Stimmen des deutschen Exils. Seine Gedichte, geschrieben in der Fremde, sind Aufrufe zum geistigen Widerstand – voller Pathos, Klarheit und ungebrochener Sprachkraft. Warum es sich gerade heute lohnt, ihn (wieder) zu lesen, zeigt ein neuer Band, bei Quintus herausgegeben von Ralf Georg Czapla.
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